Trotz Inkontinenz die Haut gesund halten

Die Inkontinenzversorgung nimmt viel Zeit in Anspruch. Ihre Bedeutung wird allerdings häufig unterschätzt. Aufgrund der Rahmenbedingungen muss jedoch der einzelne Wechsel des Inkontinenzprodukts schnell gehen. Denn immer mehr Schwerstpflegebedürftige müssen von immer weniger Personal versorgt werden. Zeit, große Aufmerksamkeit auf die Hautbeobachtung zu legen, bleibt da nicht. Selten gibt es auch einheitliche Standards für diese Pflegetätigkeit. Das hat zur Folge, dass jede Pflegekraft auf ihre Erfahrungen und das eigene Verständnis von guter Pflege zurückgreift. Es ist leider immer noch gang und gäbe, dass es keine individuelle Versorgung gibt, die vom Hautbild abhängig ist. Dazu kommt, dass sich die Angehörigen einbringen wollen und auf ihr Laienwissen zurückgreifen. Wir beobachten auch häufig, dass der Wechsel nicht unter korrekten hygienischen Kriterien stattfindet und es dabei zu Keimverschleppung kommt.

Die Überalterung der Gesellschaft nimmt stetig zu. Welche Probleme sehen Sie langfristig auf das Pflegepersonal in Pflegeheimen zukommen, besonders im Bereich Inkontinenz-Pflege?

Durch den Ansatz „ambulant vor stationär“ sind in den Pflegeeinrichtungen immer mehr schwerstpflegebedürftige Bewohner. Die „gesunden, fitten Alten“ sind kaum noch in den Einrichtungen anzutreffen. Hinzu kommt, dass die Zahl der Menschen mit fortgeschrittener Demenz zunimmt. Da die Inkontinenzversorgung ein großer Eingriff in die Intimsphäre ist, den man aber den Demenzkranken nicht erklären kann, sorgt der Wechsel des Inkontinenzprodukts häufig für Abwehrverhalten. Häufig kann man bei Menschen mit Demenz auch beobachten, dass sie das Inkontinenzmaterial nicht tolerieren und entsorgen. Beides beschert den Pflegekräften Mehrarbeit.

Ein weiterer schwieriger Punkt ist die Kürzung der Refinanzierung. Es handelt sich bei der Inkontinenzpauschale um eine Mischkalkulation, die aufgrund der vielen Schwerinkontinenten eine große Herausforderung ist. Dieses Dilemma wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken.

Die Entscheidung für einen Inkontinenzlieferanten wird in vielen Fällen nicht mehr nach Qualitäts-, sondern nach Wirtschaftlichkeitskriterien getroffen. Durch die häufig multimorbiden Bewohner steigt das Risiko einer Inkontinenz und der inkontinenzassoziierten Dermatitis (IAD).

Letztendlich ist es ein Teufelskreis: Immer mehr schwerstpflegebedürftige, multimorbide Bewohner treffen auf zu wenig Pflegekräfte, die Refinanzierung wird geringer, es werden Inkontinenzprodukte von schlechterer Qualität gekauft und die Hautprobleme nehmen zu – was dann wiederum zur Folge hat, dass die Versorgung mehr Zeit und Geld kostet.

 

Anja Citrich für Paul Hartmann

Tags: Haut, Gesund, Alltag

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